Zur Bedeutung von virtuellen Kraftwerken (VKWs) und Biomasse im zukünftigen Energiesystem Deutschlands

Pressemeldung der Firma Energy2market GmbH

Der Anteil erneuerbarer Energien wird in den nächsten Jahren stetig zunehmen und einen Großteil des Energiebedarfs decken. Die Bundesregierung will bis 2050 auf 80 % Strom aus erneuerbaren Energien umstellen und setzt dabei vor allem auf die Technologien Wind-­ und Solarkraft als Mengenträger. Der steigende Anteil fluktuierender Erzeugung wird allerdings dazu führen, dass sich Stromangebot und -­nachfrage immer häufiger nicht im Gleichgewicht befinden und gefährdet dadurch die übergeordneten Ziele Energiesicherheit, nachhaltige Erzeugung und Kosteneffizienz.

Virtuelle Kraftwerke bieten durch die Bündelung von regelbaren Technischen Einheiten („TE“), wie z.B. biogasbetriebene Blockheizkraftwerke (BHKW), eine innovative Lösung für genau diese Herausforderungen. Der systemrelevante Wert virtueller Kraftwerke kommt jedoch nur zum Tragen, wenn der Fortbestand und Ausbau eines flexiblen Anlagenparks (Erzeuger, Verbraucher und Speicher) gesichert ist und so jederzeit auf Schwankungen im Netz reagiert werden kann.

Aufgrund der Flexibilität von Biogas-­BHKW nimmt die Biomasse eine zentrale Funktion für die Systemintegration der erneuerbaren Energien ein und ist neben konventionellen Erzeugern sowie Verbrauchern wesentlicher Teil des virtuellen Kraftwerks. Auch vor dem Hintergrund der notwendigen Klimaschutzanstrengungen Deutschlands im Rahmen der Pariser Klimaverhandlungen wird es wichtig sein, dass Biomasse die bisherigen Aufgaben konventioneller Energieträger übernimmt.

Optimierung des Stromsystems mit Biomasse

Mit einem steigenden Anteil fluktuierender erneuerbarer Energien wächst auch der Bedarf an grundlastfähigen, regelbaren Kapazitäten. In der Vergangenheit wurde die Systemstabilität weitestgehend durch konventionelle Großkraftwerke bereitgestellt, die allerdings sukzessive aus dem Markt gedrängt werden sollen. Nach und nach übernehmen Aggregatoren d.h. Unternehmen, die virtuelle Kraftwerke betreiben und in diesen viele TE intelligent miteinander verknüpfen, diese Funktion.

Virtuelle Kraftwerke mit einem hohen Anteil an flexiblen Biogasanlagen sind technisch ausgereifte Konzepte, die bereits heute Flexibilität an die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) und in die Handelsmärkte liefern. Durch die Bündelung und bedarfsgerechte Steuerung von flexiblen Erzeugern, Verbrauchern und Speichertechnologien bildet das virtuelle Kraftwerk den zentralen Baustein für ein stabiles Stromsystem auf Basis erneuerbarer Energien:

Systemstabilität

– Regelleistung: Aufgrund zunehmender fluktuierender Einspeisung erneuerbarer Energien wird der Bedarf an Regelleistung zur Aufrechterhaltung der Systemsicherheit zukünftig steigen. Ein VKW ist in der Lage, alle Formen von Regelleistung (Primärregelleistung (PRL), Sekundärregelleistung (SRL) und Minutenreserve) zu erbringen, die nötig sind, um die Netzfrequenz stabil bei 50 Hz zu halten. Dazu werden über das VKW tausende kleiner und großer TE gesteuert. Der ÜNB ruft Regelleistung beim VKW ab und das VKW leitet den Abruf an die TE weiter, d.h. die Erbringung erfolgt über das VKW durch die gebündelten TE. Die Qualität der Regelleistung ist allerdings abhängig von der Zusammensetzung des VKW. Mit einem hohen Anteil an vergleichsweise kleinen Biomasse-­BHKW kann das VKW deutlich zuverlässiger und genauer Regelenergie bereitstellen als Großkraftwerke. Ca. 30 % der Biogasanlagenleistung, die an der Direktvermarkung teilnimmt (≈1,5 GW), ist für den Regelenergiemarkt präqualifiziert. Bei einer Bestandserhaltung und einer systemdienlichen Flexibilisierung des Biogas-­Anlagenparks könnten bis 2030 allein durch Biogas 6,3 GW Regelleistung erbracht werden.1

– Systemdienstleistungen (SDL): Durch das Abrufen von Blindleistung wird vom Verteilnetzbetreiber sichergestellt, dass die Netzkapazitäten ausgelastet und die Spannung im Netz ausgeglichen ist. Biogasanlagen haben das technische Potenzial, Blindleistung nach Bedarf vor Ort bereitzustellen. Im Fall eines Kurzschlusses verfügen Biogasanlagen darüber hinaus über Kurzschlussleistung und Schwarzstartkapazitäten für den Systemwiederaufbau.

– Erzeugungs-­ und Lastmanagement: Als Teil von VKWs sind Biogas-­BHKW über Schnittstellen direkt mit den ÜNB verbunden. Alle TE sind im VKW sichtbar, d.h. die Ist-­Produktion bzw. bei Verbrauchern der Ist-Verbrauch werden jederzeit beobachtet. Auf Prognoseabweichungen oder andere Vorfälle, z.B. Ausfall einzelner TE, kann dann sekundenschnell reagiert werden.

Klimanutzen:

– Verdrängung fossiler Kapazitäten: Aktuellen Schätzungen des Fraunhofer IWES zufolge kann ein flexibel eingesetzter Biogas-­Anlagenpark bis 2030 etwa ein Drittel der Erdgaskraftwerke bzw. die Hälfte der Leistung von Braunkohlekraftwerken substituieren.2 VKWs können dabei als zusätzlicher Treiber fungieren. Bereits heute sind im VKW von e2m insgesamt EE-­Anlagen mit 3.000 MW installierter Leistung angeschlossen (Wind: 1.100, PV: 500, Biomasse: 1.300 und Wasser: 60 MW) sowie konventionelle Anlagen mit einer installierten Leistung von ca. 700 MW. Biomasse bildet bei den regelbaren Technologien den Schwerpunkt.

– Vermeidung von Einspeisemanagement­‐Maßnahmen: Infolge von Netzengpässen kommt es häufig zu Zwangsabregelungen von EE-­Anlagen. Dadurch geht CO2­‐freier Strom verloren.

Durch eine zukünftige Verdrängung fossiler Must-­Run-­Kapazitäten durch einen flexiblen Biogas-­Anlagenpark können diese Abregelungen reduziert werden.

Kosteneffizienz:

– Zahlungen für Einspeisemanagement: Allein in 2015 lagen die Kosten für Redispatch-­Maßnahmen in Deutschland bei über 300 Mio. € – mit steigender Tendenz.3 Diese Kosten wirken sich schließlich kostensteigernd auf die Netzentgelte und damit auf die gesamtwirtschaftlichen Kosten aus.

– Kosten für Netzausbau: Mit einem steigenden Anteil an fluktuierenden EE geht auch ein erhöhter Netzausbaubedarf besonders auf Verteilnetzebene einher. Durch eine umfassende Flexibilisierung und den Erhalt bestehender Biogasanlagen sinkt der Ausbaubedarf.

– Gesamtwirtschaftliche Einsparungen: Die Kosten für eine flexible Betriebsweise bestehender Biogasanlagen (4.000 Volllaststunden) führt bis 2030 zu Kosteneinsparungen in Höhe von 500 Mio. € gegenüber einer hinsichtlich Systemdienlichkeit gleichwertigen konventionellen Erzeugung.4

Das EEG 2016 setzt falsche Anreize für Flexibilisierung des Systems

Der aktuelle Referentenentwurf zum EEG 2016 erkennt diese systemrelevante Bedeutung von Biogas nicht und führt nicht nur zu einem Ausbaustopp, sondern auch zu einem drastischen Rückbau des bestehenden Anlagenparks. Damit wird die in VKWs gebündelte Flexibilität im Hinblick auf Quantität und Qualität stark eingeschränkt d.h ein Baustein, der für die Systemintegration erneuerbarer Energien von zentraler Bedeutung ist, behindert.

Betreiber von Biomassekraftwerken sind investitions-­ und innovationsfreudig und dazu in der Lage, wesentliche Ziele einer ganzheitlichen Energiewende wie die Flexibilisierung des Stromsystems durch Nachrüstungen ihrer Bestandanlagen mitzutragen. Dazu bedarf es allerdings eines regulatorisch gesicherten Marktumfelds. Nur so kann der Bestand an Biogasanlagen gesichert und Investitionen in die Flexibilisierung der Anlagen angereizt werden.

Wir plädieren deshalb dafür, dass:

 

– die Förderung von Biomasseanlagen und vor allem deren Flexibilisierung in der EEG-­‐Novelle (und nicht im Rahmen einer Verordnungsermächtigung) geregelt wird;

– die Anschlussförderung von hochflexiblen Biomasseanlagen (Bestand) in Ausschreibungsverfahren so ermittelt wird, dass ein sicheres Betreiben unter Berücksichtigung der Einsatzstoffkosten möglich ist;

– das Ausschreibungsvolumen (Bestands-­ und Neuanlagen) erhöht wird; (Der aktuell anvisierte Ausbaukorridor von 100 MW brutto führt de facto zu einem Rückgang der Biomasse-Kapazitäten, wenn man bedenkt dass ein beträchtlicher Teil der Bestandsanlagen in den nächsten Jahren aus dem EEG fällt und aus dem Markt geht.)

– die Rolle von Biomasseanlagen bei der Erbringung von Systemdienstleistungen aus Virtuellen Kraftwerken anerkannt und gestärkt wird.

 

6 h-­Regelung abschaffen

Die in § 51 EEG definierte 6-­Stunden-­Regel sollte so angepasst werden, dass wetterbedingte negative Preise im Kurzfristmarkt nicht mit einem Vergütungsausfall der EE-­Anlagenbetreiber sanktioniert werden.

Durch die Unsicherheit über das Auftreten negativer Preisintervalle erhöhen sich die Finanzierungskosten. Mit der Regelung schafft der Gesetzgeber zudem einen Anreiz zur Abschaltung von Windenergie, obwohl es andere, insbesondere auch konventionelle Flexibilitätsoptionen gibt. Dem Markt gehen damit einerseits günstige und emissionsfrei erzeugte Strommengen verloren und andererseits wird die Schaffung von Flexibilität zur Anwendung bei (negativen) Preisspitzen verhindert. Es handelt sich also um einen regulatorischen Eingriff in die freie Preisbildung.

Vielmehr ist das im Entwurf zum Strommarktgesetz verankerte Ziel zur Flexibilisierung konsequent im EEG abzubilden, so dass alle Marktteilnehmer auf negative Preise entsprechend regieren können. Vor allem durch eine weitere Flexibilisierung von Biomasseanlagen (Flexibilitätsprämien) können negative Preise vermieden werden.

1 Fraunhofer-­Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik, IWES: Beitrag von Biogas zu einer verlässlichen Erneuerbaren Stromversorgung, Kassel, 2016, S.24.

2 ebd., S. 26.

3 Stiftung Umweltenergierecht, Fraunhofer Institut für System-­und Innovationsforschung ISI: Gutachten zu zuschaltbaren Lasten für das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-­Holstein, Würzburg/Karlsruhe, 2016, S.55.

4 Fraunhofer-­Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik, IWES: Beitrag von Biogas zu einer verlässlichen Erneuerbaren Stromversorgung, Kassel, 2016, S.18.



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Als unabhängiges Stromhandelshaus ist die e2m auf die Bewirtschaftung und Optimierung dynamischer Portfolios sowie die Vermarktung von Flexibilität aus dezentralen Erzeugungs-­ und Verbrauchsanlagen spezialisiert. Hierzu zählt auch die Bewirtschaftung volatiler Energie-­Portfolios. Mit über 3.500 MW vermarkteter Erzeugungsleistung gehört e2m darüber hinaus zu den größten Direktvermarktern Deutschlands. Schwerpunkte des Geschäftes sind die fortlaufende Bewirtschaftung im Spot-­ und Intraday-­Markt sowie die Nutzung bestehender physischer Flexibilität zum Positionsausgleich, als Handelsprodukt oder als Systemdienstleistung (Regelenergie). Als derzeit größter Poolanbieter für Regelleistung in Deutschland verfügt e2m über die für die Vermarktung von Flexibilität notwendige Infrastruktur, Marktzugänge zu allen deutschen und teilweise zu internationalen Handelsmärkten sowie langjähriges Knowhow der Mitarbeiter. ­


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