Hinkley Point ist der Name eines Atomkraftwerks an der SW-Küste Großbritanniens. Das Kraftwerk soll um zwei zusätzliche Reaktorblöcke (Druckwasserreaktoren) ergänzt werden. Dieser Kraftwerksneubau wird Hinkley Point C genannt. Die Betreiber sind Électricité de France (EdF), Areva, China National Nuclear Corporation und der Guangdong Nuclear Power Corporation Holding. Die britische Regierung erteilte die Baugenehmigung für dieses Projekt im März 2013. Zudem hat sie staatliche Fördermaßnahmen für den Bau der Reaktoren zugesichert. Diese wurden in einem Vertrag im Oktober 2013 vereinbart. Sie beinhalten eine staatliche Bürgschaft zur Absicherung von Krediten, in Höhe von rund 21,6 Milliarden Euro. Zudem hat die britische Regierung zugesichert, über einen Zeitraum von 35 Jahren eine garantierte Vergütung für den Strom aus Hinkley Point C zu zahlen („Contract for Difference – CfD). Während der Laufzeit soll dieser Preis an die Inflation angepasst werden. Bei Annahme einer moderaten Inflationsrate von zwei Prozent würde die Vergütung somit rund 35 Eurocent pro Kilowattstunde betragen. Außerdem hat die britische Regierung Kompensationszahlungen zugesagt für den Fall, dass das geplante AKW aufgrund von Marktumständen abgeschaltet oder gedrosselt werden müsste.
EU Kommission billigt Förderung
Die Position der EU Kommission gegenüber diesem Projektvorhaben war zunächst noch kritisch. Im Dezember 2013 äußerte die EU Kommission erhebliche Zweifel an der EU-Konformität der geplanten Maßnahmen. Im März 2014 leitete sie ein offizielles Beihilfeprüfungsverfahren nach Art. 106 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU (AEUV) ein. Der damalige EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almuria schrieb in einer Stellungnahme, dass die Förderung der britischen Regierung für das AKW den Wettbewerb erheblich verfälschen würde.
Doch im Oktober entschied die vorhergehende EU-Kommission, in ihrer vorletzten Sitzung, dass die Pläne der Regierung Cameron mit dem EU-Beihilferecht vereinbar seien. Sie genehmigte die Förderung. Die Entscheidung – „Support SA.34947“ fiel mit 16 von 28 Stimmen knapp aus. Nötig waren mindestens 15 Stimmen. Mit dieser Beihilfebewilligung für Hinkley Point C schafft die Kommission einen Präzedenzfall. Dadurch besteht das Risiko, dass weitere ähnliche AKW-Projekte in Europa vorangetrieben werden. Weltweit werden 10.000 Tonnen Atommüll pro Jahr erzeugt, und es existiert weltweit noch kein Endlager dafür. Die Beihilfebewilligung schafft Fakten für eine Renaissance der Kernenergie.
Österreich kündigt EuGH-Klage an
Die österreichische Regierung hat bereits vor Monaten angekündigt, vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Entscheidung klagen zu wollen, sobald die Klagefrist beginnt. Die Entscheidung der EU Kommission wird, nachdem sie in alle EU-Sprachen übersetzt wurde, im Amtsblatt veröffentlicht. Das ist für Ende April geplant. Nach der Veröffentlichung beginnt eine Klagefrist von etwa zwei Monaten.
Über 75.000 Bürger schließen sich der Beschwerde von EWS an
Die EWS Schönau hat im November 2014 eine Beschwerde bei der neuen Kommission eingereicht, wegen Verstoßes gegen Art. 107 AEUV durch Genehmigung wettbewerbsfälschender Beihilfen. In der Beschwerde wird die neu gewählte Kommission aufgefordert, den Beschluss der vorherigen EU Kommission aufzuheben. EWS möchte mit dieser Beschwerde die Klage der österreichischen Regierung flankieren. Der Beschwerdeweg steht allen EU-Bürgern offen, und ist ohne Kostenfolgen. Bereits über 30 Umweltinitiativen haben sich der Beschwerde der EWS im Rahmen der Kampagne „Kein Geld für Atom – Stoppt Brüssel!“ angeschlossen. Derzeit haben sich rund 68.000 Menschen an diese Beschwerde über das Internetformular angeschlossen. Nach eigenen Angaben sind rund 7.000 Beschwerden auf dem Postweg eingegangen. Informationen zur Kampagne sind unter www.ews-schoenau.de/kampagne abrufbar. Die Initiativen hoffen 100.000 Unterschriften zu sammeln. Sie werden diese Unterschriften in Brüssel übergeben.
Tatiana Abarzúa
Anmerkung: Die DGS ist Kampagnenpartner von den EWS
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